Tagungsbeiträge

Zwischenprodukt „NaWaRo Tiereinstreu Miscanthus™“
Mögliche Alternativen zu herkömmlichen Einstreuprodukten

Vortrag; Miscanthus-Tagung – Bonn 03/2003

Einleitung und Problemstellung

In den letzten Jahren wurde in Deutschland, England und der benachbarten Schweiz erfolgreich Miscanthus angebaut. Die bewirtschafteten Anbauflächen werden mittlerweile auf über 1500 Hektar geschätzt. Die Bestände führen ab dem 3. Anbaujahr zu stabilen Erträgen von 15-20 Tonnen Trockenmasse pro Hektar. Begleitende wissenschaftliche Studien zur bisherigen Anbauproblematik und zu den Vorteilen einer Anpflanzung mit Rhizomen wurden erarbeitet und lassen weitergehende systematische und wissenschaftlich abgesicherte Aussagen zu (vergl. Erfahrung in Bayern, Münzer 2001, Dänemark)2
Die bisher guten Ernteerträge und die in den letzten Jahren wieder aufgenommenen Neuanpflanzungen haben zur Folge, dass die Frage nach geeigneten Veredelungsprodukten und deren Vermarktungsstrategien wie auch die Liefersicherheit aktuell ist. Als Alternative ergibt sich ansonsten wieder wie Anfang der 90iger Jahre fast zwangsläufig eine "Entsorgung" eines Teils der wertvollen Miscanthus-Bestände (vergl. VEBA-Oelbestände). Die absehbare Folge wäre eine weitere Demotivierung der Landwirte mit der Konsequenz, daß sie ihre Vorleistungen aufgrund fehlender Absatzchancen einstellen.
Weitere Vorteile, die durch den Anbau von perennierenden C4-Gräsern nachgewiesen wurden, wie z.B. Schutz von erosionsgefährdete Böden, positive Auswirkung auf die Artenvielfalt unserer einheimische Tierwelt erfüllen auch die Anforderungen der festgesetzten Richtlinien im Klimaschutz (vergl. Veitshöchheimer Untersuchungen).
Unterschiedliche Produkte aus Miscanthus sind naturrein, zum großen Teil frei von chemischen Düngemittel- und Pestizidrückständen (im Gegensatz zur stofflichen- und energetischen Nutzung von Stroh oder Tritikale) und führen zu einer positive Umwelt- und Klimabilanz (vergl. IFUL-Studie). Als perennierende Zwischenkulturen könnten Miscanthus-Bestände zur Ernte von Rhizomen genutzt werden. Damit lassen sich in den nächsten Jahren in allen Bundesländern und in der EU längerfristig weitere Flächen anbauen (z.B. Osteuropa).
Durch den in den nächsten Jahren zunehmenden Bedarf und somit dem Verkauf von Rhizomen werden Landwirte, die über Altbestände verfügen, vorübergehend hohe Einnahmen in der Landwirtschaft erwirtschaften. Durch Investitionen in Rodungs-, Setz- und Erntemaschinen, sowie in neue Produktionsmaschinen, die zur Herstellung
von Zwischenprodukten benötigt werden, wird sich ein kurzfristiges Marktpotential ergeben, das wiederum diesen Wirtschaftszweig stabilisieren wird. Voraussetzung ist eine erfolgreiche Markteinführung von Miscanthus-Zwischenprodukten und die dafür gesicherte Rohstoffverfügbarkeit. Diese ist notwendig für die Entwicklung einer konsequenten Wachstumsstrategie. Ebenfalls müssen in den nächsten Jahren die technischen Grundlagen für Anbau, Ernte und Produktion weiter untersucht und optimiert werden.

Die kostengünstigen Neuanpflanzungen von Miscanthus-Rhizomen auf Stilllegungsflächen und die Verwertung des naturreinen Rohstoffes zu Klein- und Großtiereinstreu, werden in den nächsten Jahren zu konkreten Marktleistungen führen. Subventionszahlungen könnten zurückfließen und auf Dauer den Staatshaushalt entlasten.
Die zukünftige Nutzung von Miscanthus-Pellets als Zwischenprodukt „Tiereinstreu“ und deren Entsorgung in Heizungs- bzw. Vergasungsanlagen3 schaffen weitere neue Arbeitsplätze und sichern stabile Zusatzeinnahmen in der Landwirtschaft. Vorhandene Investitionen, wie z.B. Trocknungs- und Pelletierungsansanlagen könnten besser
ausgelastet und das Risiko für die Betreiber verringert werden. Der Bestand von inzwischen mehr als 750 000 Pferden in Deutschland und einem Marktpotenzial von ca. 3,5 Mrd. Euro zeigt die wirtschaftliche Bedeutung der Großtierhaltung auf (vergl. Studie Arbeitsgruppe Pferd Frankfurt 1.11.2003, Dr. Beck, Agrartechnik Hohenheim). Im Gegensatz zum Kleintiermarkt, der eine starke Nachfrage aufgrund der stetig ansteigenden Kleintierhaltung in den Privathaushalten erkennen läßt, ist die Haltung von Zucht- Sport- und Freizeitpferden rückläufig. Ausschlaggebend sind die steigenden Kosten für Zucht und Haltung.
Steigende Bestandsgrößen, steigende Ansprüche der Halter:

- hohe Beschaffungskosten je Tier, Sozialprestige durch Pferdehaltung
- Begrenzte Weideflächen
- Unterhalt und Pflege (hohe Anforderungen an Stall- und Pflegepersonal,
  steigende Lohn- und Sozialkosten,
- Einzelhaltung in Boxen, steigende Einstreumengen pro Pferd ohne negativen
  Auswirkungen auf die Gesundheit von Tier und Mensch
- Hohe Entsorgungs- und Transportkosten, keine ausreichende Verwertungsmöglichkeiten
  der unterschiedlichen Einstreuprodukte (Stroh & Spänemist)
  Lagerkapazitäten nicht ausreichend
- Unattraktiver Wirtschaftsdünger, bei Holzsubstraten lignifizierte Faser mit
  hoher N-Fixierung und versauernder Wirkung auf den Boden, schlechte Rotteeigenschaften

Bewertung der Testreihe TIEREINSTREU (Pellets) aus Miscanthus x giganteus

In den Jahren 1997 – 2003 wurden verschiedene Testreihen mit Vollblutpferden (trächtige Stuten, Mutterstuten mit Fohlen, Jungtieren und Rekonvaleszenzpferden) mit diversen Einstreumaterialien durchgeführt.
Dabei wurden praktisch alle marktgängigen Produkte getestet, einschließlich Stroh mit Papierschnitzeln. Im Vergleich erwiesen sich Miscanthus-Pellets als relativ beste Lösung quer über alle relevanten Kriterien wie Arbeitsaufwand, Mengenverbrauch, zu entsorgendes Volumen, Ammoniakbildung, Lagerungsaufwand und Preis-/ Leistungsverhältnis.
Die folgenden Vorzüge fielen im Vergleich zu normalem Stroh, pelletiertem Stroh, Reisschalen, Hanfschäben, Leinschäben, Zeitungsschnitzeln und diversen Holzspänen auf.

Miscanthus-Einstreu besitzt:

• Beste Saugfähigkeit
• Beste Geruchshemmung (kein Ammoniakgeruch!)
• Geringste Schimmelbildung (feuchte Stellen)
• Mit den geringsten Zeitbedarf zum Entmisten
• Verminderte Staubbildung
• Keine Reizung der Atemwege
• Nach fester Matratzenbildung keine Ausrutschgefahr
• Kein Fressen, dadurch keine Gefahr der Schlundverstopfung
• Hufsohle stets trocken
• Angenehm kühles Stallklima
• verminderte Fliegenentwicklung
• Problemlose Entsorgung (wie Strohpellets) im Vergleich zu Sägespänen
• Die Einstreumenge für eine Laufbox mit 2 Pferden liegt bei ca. 70 – 80 kg pro Woche liegt.

Planung und Diskussion

Die Sicherheit der kontinuierlichen Versorgung muß für den Verbraucher erkennbar aufgezeigt werden. Durch eine verbindliche Liefergarantie der Hersteller an interessierte Kunden und die kontinuierliche Versorgung der Produkte, wie z.B. „Tiereinstreu aus Miscanthus“ sind weitere bundesweite Anbauprojekt notwendig. Ein Hauptziel
in den nächsten Jahren, muß ein bundesweiter Anbau von Miscanthus-Sorten auf weiteren Flächen sein. Damit läßt sich in zunehmend relativ kurzer Zeit eine systematische Vermarktungsstrategie aufbauen. Der potentielle Abnehmerkreis wird konzentriert und relativ transparent über den Anbau informiert. Auf der Grundlage „naturrein“ kann man die Nachfrage zu weiteren Produkten aus Miscanthus und weiteren perennierenden C4-Gräsern bewerten und der Absatz erlaubt, dass sich der Markt durch die Nachfrage des Endverbrauchers konsequent in neue Naturprodukte aufbauen läßt.
Die gewonnenen Erfahrungen, sowie die in der Praxis erworbenen Kenntnisse im Bereich der bereits durchgeführten Anpflanzungen ermöglicht der Landwirtschaft und deren Technologien, eine wichtige strategische zukünftige Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Partnern in der EU und weltweit. Es wird nicht nur zu dem dringend notwendigen Verständnis des Endverbrauchers und dessen Verhalten im Gebrauch von Produkten aus nachwachsende Rohstoffe führen. Es wird auch unsere zukünftige Konkurrenzstellung von deutschen Natur-Produkten im europäischen Markt verbessern und die angestrebte Wachstumsstrategie stabilisieren.
Die Vermehrung von Miscanthus geht bisher ohne rechtliche Bedenken (Sortenschutzgesetz). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass ein Vermehren eines bestimmten Genotyp, spezielle Pflanzenkrankheiten auftreten können, die schlagartig die gesamten Bestände vernichten können (siehe Bambus, Mais USA)
Es gibt eine Vielzahl weiterer Miscanthus-Herkünfte die neben dem ertragreichen Miscanthus x giganteus noch nicht intensiv untersucht worden sind. Um eine größere genetische Vielfalt (verschiedene Sorten) in den einzelnen Miscanthus Beständen zu bekommen, finden hierzu umfangreiche morphologische Untersuchungen an der Universität Bonn statt (vergl. Internationale Miscanthus-Tagung 2002 in Bonn). Ziel ist es, geeignete Sorten für die unterschiedlichen Verarbeitungsmethoden zu selektieren. Diese Erkenntnis läßt sich anhand der Ergebnisse der bereits durchgeführten verschiedenen Pelletierungsversuchen nachweisen (Pelletierversuche: Achsheim, Weißenburg-Ellingen, Koblenz, Sachsen-Anhalt). Aus den Auswertungen konnten tragfähige Aussagen für weitere Anpflanzungen und über die Marktentwicklung von Zwischenprodukten aus Miscanthus und weiteren perennierenden C4-Gräsern wie Absatzmengen- und Preisprognosen, Anforderungsprofile an Vertrieb und Service aus Kundensicht, Chancen und Risiken durch Produkte anderer Anbieter usw. gewonnen werden.
In Verbindung mit Kosten- und Wirtschaftlichkeitsanalysen der Wertschöpfungskette lassen sich die wirtschaftlichen Auswirkungen verschiedener Wachstumsszenarien für ein neues Geschäftsfeld „Nachwachsende Rohstoffe aus perennierenden C4- Gräsern“ bewerten.

Vortrag HGallin-Ast, Miscanthus Tagung - Bonn 03/2003 

Literatur
Eppel-Hotz, A. (2002): Mündliche Mitteilung.
Gallin-Ast, H. (2002). Testversuch mit Miscanthus-Pellet
Kjeldsen, J. B. (2001): Manuscript über dänische Pflanzmethode von Miscanthus, Research
Centre Foulum, Ministry of Food, Agriculture and Fisheries.
Münzer, W. (2000): Rhizompflanzen, eine Alternative? Miscanthus-Workshop am
23./24.02.2000 in Bonn, Beiträge zu Agrarwissenschaften, Bd. 19, 15-19.
Münzer, W. (2001): Prüfung verschiedener Anbauverfahren bei Miscanthus giganteus zur
Verbesserung der Überwinterungsfähigkeit von Jungpflanzen sowie zur Kostensenkung
von Bestandesgründungen; Abschlußbericht über das Forschungsvorhaben
(N/96/7), 40 Seiten; Bayerisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten,
München.